Vertragsgestaltung in BIM-Projekten

24.06.2019 – Auch bei Anwendung der BIM-Planungsmethode sind die allgemein für die Planung und Abwicklung von Baumassnahmen geltenden Vorschriften des gesetzlichen Werkvertragsrechts (§§ 631 ff. BGB) einschließlich des seit dem 1. Januar 2018 geltenden Bau- (§§ 650a ff. BGB) sowie Architekten- und Ingenieurvertragsrechts (§§ 650p ff. BGB) zu beachten. Zur vertraglichen Abwicklung eines BIM-Vorhabens empfiehlt sich allerdings eine projektbezogene Implementierung zusätzlicher Regelungen in die verschiedenen Vertragsbeziehungen der Projektbeteiligten.

I. Vorüberlegungen

Die erste klärungsbedürftige Frage ist, welche Anforderungen der Bauherr überhaupt mit der BIM-Methode umsetzen will („BIM ist nicht gleich BIM“). So wird in dieser Frühphase zu überlegen sein, ob z.B. „nur“ dreidimensionale Ansichten des Objekts erstellt werden sollen oder ob das Interesse auf die Erstellung eines virtuellen Modells, welches auch etwa Informationen zu Baukosten und Terminabläufen und vielleicht sogar für den späteren Betrieb des Bauwerks beinhaltet, gerichtet ist.

Obwohl in den allerersten BIM-Pilotprojekten in Deutschland durchaus noch anders gehandhabt, ist es heutzutage allgemeines Verständnis, dass diese Projektvorgaben in sog. „Auftraggeber-Informations-Anforderungen“ (AIA; wörtliche Übersetzung des englischen Begriffs „Employer´s Information Requirements“ – EIR) festgehalten und inhaltlich näher definiert werden sollten. Beispiele solcher AIA-Dokumente finden sich in einiger Anzahl bereits veröffentlicht, sollten vom individuellen Anwender jedoch keinesfalls ungeprüft übernommen, sondern stets auf das eigene Projekt bezogen einer kritischen Würdigung unterzogen und allenfalls als Praxisbeispiel betrachtet werden. In einem weiteren, aus den AIA zu entwickelndem Dokument, dem sog. BIM-Abwicklungsplan (BAP), sind dann die BIM-spezifischen Planungsschritte, die zur Entstehung des virtuellen Bauwerksdatenmodells führen sollen, niederzulegen. Eine Zusammenführung dieser Instrumente in einem Dokument empfiehlt sich zumeist nicht, denn die festgelegten Ziele unterliegen erfahrungsgemäß einer dynamischen Entwicklung und lassen sich nicht gleich von Beginn an mit konkreten Maßnahmen verknüpfen.

Unabdingbar ist es, die jeweiligen Rollen der verschiedenen BIM-Projektbeteiligten zu beschreiben und hierbei auch Leistungen und Verantwortlichkeiten im Einzelnen zu definieren. Entscheidend ist zudem die Implementierung von Regelungen darüber, wer die (für BIM-Projekte essentielle) Koordinierung der Planung sowie ggf. die Zusammenführung unterschiedlicher Fachplanungsmodelle übernimmt und in welcher Weise notwendige Abstimmungen von Projektschnittstellen vorgenommen werden. Die bisherige Praxis zeigt auf, dass mangels technischen – insbesondere auch speziellen informationstechnologischen – Fachwissens auf Seiten der Bauherren schon in der frühen Vorbereitungsphase eine Hinzuziehung externer Beratungsbüros, die sich auf die Organisation von BIM-Projekten spezialisiert haben, erfolgt.

II. BIM-Managementleistungen

Vielfach kommt bei der organisatorischen Umsetzung eines BIM-Projekts eine neue Rolle zum Tragen, der sog. „BIM-Manager“. Die Beauftragung von BIM-Managementleistungen empfiehlt sich hierbei gemeinhin in mehreren Stufen. Zunächst sollte eine Beratung des Bauherrn bei der Zusammenstellung der erstrebten BIM-Ziele und der Aufstellung des AIA-Dokuments erfolgen. Dann gilt es, die Ausschreibung BIM-spezifischer Planungsleistungen vorzubereiten und hierauf eingehende Angebote anhand einer inhaltlichen, insbesondere technischen Prüfung auszuwerten. Schließlich ist die Art und Weise der Zusammenarbeit im (dynamischen) BAP näher zu beschreiben und es erfolgt die Übernahme der Organisation von Kontroll-, Steuerungs- und Freigabeprozessen für den Bauherrn.

Soll die Tätigkeit des BIM-Managers nicht dem Dienstvertragsrecht, sondern dem Werkvertragsrecht unterworfen werden, so bedarf es hierfür einer Definition des geschuldeten Werkerfolgs. Dieser besteht in der Regel aus der Sicherstellung eines störungsfreien Planungsprozesses und der Herstellung eines konfliktfreien Bauwerksdatenmodells.

III. Planungsleistungen

Der Bauherr kann einerseits einen Objektplaner beauftragen, der dann mit weiteren vom Bauherrn beauftragten Fachplanern zusammenarbeitet und deren Leistungen in die Objektplanung integriert. Alternativ kann der Bauherr einen Generalplaner mit der Erbringung sämtlicher Planungsleistungen beauftragen, so dass Letzterer die benötigten Fachplaner als Subplaner selbst beauftragt. Unabhängig von der Wahl zwischen diesen Möglichkeiten bedarf der Ablauf sowohl der Planungsgesamtkoordination als auch der Koordination der verschiedenen Planungsbeiträge der jeweiligen Fachdisziplinen einer expliziten vertraglichen Regelung.

Zur Ermittlung der für die planerischen Leistungen geschuldeten Vergütung schreibt das gesetzliche Preisrecht der HOAI je nach Höhe der anrechenbaren Kosten und der Einordnung des Planungsobjekts innerhalb einer bestimmten Honorarzone die Anwendung von Mindest- und Höchstsätzen vor. Hierzu vertritt die h.M., dass die HOAI auch bei Anwendung der Bauwerksdatenmodellierung unmittelbare Geltung beansprucht, da es sich lediglich um eine, wenn auch neuartige Planungsmethode handele. In diesem Zusammenhang gilt es darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarkeit des in der HOAI geregelten Vergütungssystems mit den europarechtlichen Vorgaben (etwa Art. 15 EU-Dienstleistungsrichtlinie) in einer für den 4. Juli 2019 zur Verkündung anberaumten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Rs. C-377/17) einer Klärung zugeführt wird. Fällt das Urteil – wie in dem Schlussantrag des zuständigen Generalanwalts Maciej Szpunar vom 28. Februar 2019 empfohlen – gegen die unionsrechtliche Zulässigkeit der HOAI-Mindest- und Höchstsatzregelung aus, so wird sich dies auch auf die Frage der Honorierung von BIM-Planungsleistungen auswirken.

Eine Besonderheit der BIM-Planungsmethode besteht darin, dass bestimmte planerische Leistungen zeitlich vorgezogen werden, während sie nach „herkömmlicher“ Planungsweise zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen wären (sog. „Frontloading“). Mit den in der HOAI zu Grunde gelegten Leistungsbildern geht dies nicht stets konform, da sie auf jeweils abschließende und in bestimmter Sequenz aufeinander folgende Leistungsphasen abstellen. Da bei Anwendung der BIM-Methode zumindest eine Anpassung der in der HOAI beschriebenen planerischen (herkömmlichen) Leistungsbilder zu erfolgen hat, haben verschiedene Institutionen (wie etwa die BAK und der AHO) hierzu bereits unterstützende Handreichungen veröffentlicht.

Von besonderer Wichtigkeit ist es, dass Nutzungs- und Verwertungsrechte nicht nur an dem zu realisierenden Bauwerk, sondern auch hinsichtlich des virtuellen BIM-Modells eindeutigen Regelungen unterworfen werden (zu dem – durch ein englisches Gericht entschiedenen – Fall einer mangelnden vertraglichen Regelung in Bezug auf Zugriffsrechte auf das Datenmodell und den hieraus für die Vertragspraxis zu ziehenden Lehren vgl. Dischke, https://www.arge-baurecht.com/aktuelles/arge-baurecht-intern/artikel/news/kommentar-zum-europaweit-ersten-bim-gerichtsurteil/). Ist die Erstellung eines digitalen Bauwerksdatenmodells geschuldet, so stellt dies eine eigenständige Werkleistung dar, die auch separaten Urheber- und Schutzrechten unterliegt.

IV. Leistungen in der Bauausführung

Bauausführende Unternehmen verfügen regelmäßig über eine umfangreiche Expertise hinsichtlich Lieferbedingungen von Bauprodukten, Materialalternativen, Konstruktionserschwernissen, usw. Damit dies idealerweise bereits im Planungsprozess nutzbar gemacht werden kann, ist bei Anwendung der BIM-Planungsmethode die frühzeitige Einbindung eines bauausführenden Unternehmens empfehlenswert. Eine verlässliche Kalkulation von Baupreisen ist dem Bauunternehmer hingegen regelmäßig erst bei Vorliegen einer Entwurfs- oder Genehmigungsplanung möglich, so dass in den frühen BIM-Planungsphasen insbesondere der Abschluss eines Beratungsvertrages mit einem bauausführenden Unternehmer in Betracht kommt. Dies kann in der Form eines Partnering oder einer Pre-Construction-Zusammenarbeit erfolgen.

Der Abschluss des Bauvertrages erfolgt dann nach Beendigung der BIM-Planungsphase. Hier kann nun entweder durch das zuvor beratend tätig gewesene Bauunternehmen ein Preisangebot abgegeben werden oder es werden mit Hilfe des BIM-Planungsmodells im Wettbewerb verschiedene Angebote eingeholt unter Einbeziehung des zuvor beratend tätig gewesenen Unternehmens, dem dann z.B. eine Last-Call-Option eingeräumt wird (d.h., im Falle des Vorliegens eines niedrigeren Angebots besteht die Option, das eigene Angebot zu reduzieren und auf diesem Wege den Auftrag zu erlangen). Andere Modelle (Cost-Plus-Fee-Konstellationen, Mehrparteienverträge) sind ebenfalls denkbar, in der deutschen Vertragspraxis aber (noch) nicht hinreichend erprobt.

Kommt es zu einer Beauftragung des Bauunternehmens und ist die Erstellung eines „as-built-Modells“ vertraglich geschuldet, so bedarf es einer Integration der bei der Bauausführung im Rahmen der Fortplanung zu leistenden Planungsbeiträge (z.B. Werk- und Montageplanung) in das Modell.

Rechtsanwalt Eduard Dischke 
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Mitglied der ARGE Baurecht 
KNH Rechtsanwälte, Essen 
www.knh-rechtsanwaelte.de