Vertrag über Malerarbeiten: Bauvertrag oder Werkvertrag mit Bauwerksbezug?

1. Ob bei einem Vertrag über die Instandhaltung von Bauwerken das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch nach § 650a Abs. 2 BGB von wesentlicher Bedeutung ist, ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zu § 638 BGB a.F. zu beurteilen. Ergibt diese wertende Betrachtung, dass die Instandhaltungsarbeiten der Erhaltung und/oder der Funktionsfähigkeit des Bauwerks dienen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese von wesentlicher Bedeutung sind mit der Folge, dass die Vorschriften des Bauvertragsrechts Anwendung finden.*)


2. Sofern im Einzelfall Malerarbeiten sich nicht auf den bloßen Anstrich der Fassade eines Hauses beschränken, sondern darüber hinaus die Reparatur von Schäden des Untergrunds wie etwa Setz- und Spannungsrissen umfassen, dienen sie bei einer solchen wertenden Betrachtung der Wiederherstellung der Funktion der Fassade. Sie sind daher von wesentlicher Bedeutung i.S.v. § 650a Abs. 2 BGB. Die konkrete Dauer der Leistungserbringung ist demgegenüber für die Einordnung als Bauvertrag nicht entscheidend.*)

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.12.2021 – 25 U 342/21

BGB §§ 650a650f

Problem/Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) verlangt von den Auftraggebern (AG) die Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB. Die AG hatten den AN im Rahmen eines als solchen bezeichneten „Bauvertrags mit Verbrauchern“ mit Maler- und Spachtelarbeiten an der Fassade ihres Hauses beauftragt. Der AN betrachtet den Vertrag als Bauvertrag, während die AG von einem „einfachen Werkvertrag“ ausgehen, bei dem keine Sicherheit nach § 650f BGB verlangt werden könne. Das Landgericht gibt der Klage statt. Hiergegen wenden sich die AG mit der Berufung.

Entscheidung

Das OLG erlässt einen Beschluss, wonach es beabsichtige, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 BGB zurückzuweisen. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei als Bauvertrag nach § 650a Abs. 2 BGB zu qualifizieren mit der Folge, dass § 650f BGB Anwendung finde. Den Verträgen betreffend die Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks (…) seien nach § 650a Abs. 2 BGB Verträge über bestimmte Instandhaltungsarbeiten gleichgestellt. Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks sei danach als Bauvertrag einzuordnen, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung sei. Die vom AN durchgeführten Arbeiten umfassten den Anstrich der Außenfassade sowie die Oberflächenbehandlung von Hölzern im Außenbereich. Hierbei handle es sich um Erhaltungsmaßnahmen, die gem. § 2 Abs. 9 HOAI als Instandhaltungsmaßnahmen einzustufen seien. Diese Arbeiten seien auch von wesentlicher Bedeutung für den Bestand und für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Bauwerks. Ein Anspruch auf Stellung einer Sicherheit sei nicht nach § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Denn es liege ungeachtet der Bezeichnung kein Verbraucherbauvertrag i.S.v. § 650i Abs. 1 BGB vor. Der AN sei weder zum Bau eines Gebäudes noch zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet worden.

Praxishinweis

Schon das KG (IBR 2021, 227) hatte in einer Entscheidung aus dem Jahr 2021 Malerarbeiten dem Bauvertragsrecht zugeordnet (in jenem Fall ging es aber um 250 Wohnungen).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Tobias Wellensiek, Heidelberg