Ablehnung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen Befangenheit

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.06.2022 – 13 W 114/21 JVEG § 8a

Reagiert ein Sachverständiger unprofessionell auf scharfe Einwendungen einer Partei gegen sein schriftliches Gutachten, kann dies dazu führen, dass er Befangenheitsgründe selbst grob fahrlässig herbeiführt und dadurch seinen Vergütungsanspruch verliert.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.06.2022 – 13 W 114/21

JVEG § 8a

Problem/Sachverhalt

Der Sachverständige wird in einem Rechtsstreit über Werklohn zum gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmt. Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens rügte der Kläger in scharfer Diktion, dass das Gutachten unvollständig sei und ergänzt werden müsse. Daraufhin beschwert sich der Sachverständige in einer vertraulichen E-Mail gegenüber dem zuständigen Richter über die seiner Auffassung nach diskreditierenden Ausführungen des Klägers und verlangt, ihn von der Gutachtenerstellung zu befreien. Der Richter leitet die E-Mail an die Parteien weiter. Daraufhin beantragt der Kläger die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit sowie die Versagung einer Vergütung. Das Landgericht erklärt den Sachverständigen seines Vergütungsanspruchs für verlustig. Gegen diese Entscheidung legt der Sachverständige Beschwerde ein.

Entscheidung

Das OLG bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Der Sachverständige hat durch seine E-Mail grob fahrlässig Gründe geschaffen, die den Kläger zur Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit berechtigt haben. Auf die zwar scharfen, aber noch sachlichen Ausführungen des Klägers hat der Sachverständige unprofessionell reagiert, indem er sich durch die Kritik „diskreditiert“ gezeigt hat. Auf die „Vertraulichkeit“ der E-Mail kommt es nicht an. Das Gericht war aus prozessualen Gründen gehalten, die prozessbezogenen Äußerungen des Sachverständigen den Parteien zur Kenntnis zu geben. Ein Vergütungsanspruch des Sachverständigen kommt daher nur in Betracht, wenn die Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da auch ein bereits vor Eintritt der Befangenheit erstelltes Gutachten nicht verwertet werden darf.

Praxishinweis

Sachverständige sollten davon ausgehen, dass die Gerichte sämtlichen, d. h. auch vertraulichen Schriftverkehr den Parteien zur Kenntnis geben. Zur Vermeidung finanzieller Einbußen ist daher – auch wenn dies nicht immer leicht fällt – auf eine möglichst sachliche und professionelle Ausdrucksweise zu achten. Andernfalls droht eine Ablehnung wegen Befangenheit und eine Versagung der Vergütung mit der Folge, dass auch die bereits erhaltenen Vorschüsse für bereits erbrachte Leistungen zurückzuzahlen sind.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Vergaberecht Dr. Jan Erik Jasper, Bremen