HOAI 2013: Architekt kann sich nicht auf Formverstoß berufen!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020 – 22 U 73/20 BGB § 242; HOAI 2013 § 7 Abs. 1, 5

Ein Planer, der nicht Sorge für die Einhaltung der Formvorgaben für die Honorarvereinbarung trägt, ist nach Treu und Glauben gehindert, nachträglich den Mindestsatz gem. § 7 Abs. 5 HOAI 2013 geltend zu machen.

Problem/Sachverhalt

Der Architekt beansprucht für Planungs- und Überwachungsleistungen zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses vom beklagten Auftraggeber (AG) auf der Grundlage der Mindestsätze nach der HOAI 2013 ein Honorar i.H.v. rund 195.000 Euro. Der AG wendet ein, die Parteien hätten sich mündlich auf ein Pauschalhonorar i.H.v. 30.000 Euro geeinigt, welches durch die geleisteten Abschlagszahlungen abgegolten sei. Der Architekt bestreitet die Vereinbarung nicht substanziiert, beruft sich aber darauf, dass sie ohnehin nicht schriftlich getroffen worden sei. Nach Maßgabe des § 7 Abs. 5 HOAI 2013 könne er daher den Mindestsatz verlangen.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der 22. Zivilsenat des OLG schließt sich zunächst der Auffassung des 23. Senats (IBR 2019, 622) an, wonach der eine Honorarabrede übersteigende Mindestsatz nach dem EuGH-Urteil vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) nicht mehr erfolgreich eingeklagt werden könne. Er folgt dem 23. Senat aber auch dahingehend, dass auch die Rechtsfolgenregelung für einen Formverstoß bei der Vergütungsvereinbarung in § 7 Abs. 5 HOAI 2013 infolge des EuGH-Urteils nicht mehr anwendbar sei (a. A. Seifert, NZBau 2020, 207). Selbst wenn diese Vorschrift aber noch anwendbar wäre, könne der Architekt dennoch nicht abweichend von einer niedrigeren Honorarvereinbarung wegen des Formverstoßes den Mindestsatz geltend machen. Für nach dem RVG formnichtige Honorarvereinbarungen von Anwälten habe der BGH (NJW 2014, 2653) entschieden, dass der Rechtsanwalt dafür zuständig sei, für die Einhaltung der Form Sorge zu tragen. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der rechtskundige Anwalt bei für ihn erkennbar unwirksamer Honorarvereinbarung, in denen er auf Gebühren in gesetzlicher Höhe verzichtet habe, nachträglich die gesetzlichen Gebühren durchsetzen dürfte. Die (Form-)Unwirksamkeit der Gebührenvereinbarung wirke sich danach dahin aus, dass der Rechtsanwalt nicht mehr als die gesetzliche Vergütung beanspruchen dürfe. Soweit das vereinbarte Honorar aber die gesetzliche Vergütung unterschreite, bleibe er hieran gebunden. Das müsse ebenso für eine § 7 Abs. 5 HOAI 2013 nicht genügende Honorarvereinbarung gelten. Unter der Prämisse, dass die Mindest- und Höchstsätze nicht mehr zwingend seien, könne es nicht richtig sein, dem Planer das Mindesthonorar zuzusprechen, wenn er für die Einhaltung der Form nicht Sorge getragen habe.

Praxishinweis

Die Übertragung der Rechtsprechung des BGH zum RVG auf die HOAI birgt Sprengstoff, weil sie auf den ersten Blick auch auf die HOAI 2021 übertragen werden könnte. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2021 gilt der Basishonorarsatz (ehem. Mindestsatz) als vereinbart, wenn die Honorarvereinbarung nicht in Textform, sondern beispielsweise mündlich geschlossen wurde oder es an einer Vereinbarung fehlt. Die Auffassung des 22. Senats überzeugt allerdings nicht. Der Architekt oder Ingenieur ist anders als der Rechtsanwalt nicht in jedem Fall rechtskundiger als sein AG. Zudem kann er auch oftmals (beispielsweise bei öffentlichen Vergabeverfahren) faktisch kaum Einfluss auf die Einhaltung der (Text-)Form nehmen. Diese soll nach der Verordnungsbegründung der Rechtssicherheit dienen, es sollen langwierige Streitigkeiten über die Honorarhöhe vermieden werden. Dieser Regelungszweck würde durch einen Rückgriff auf Treu und Glauben konterkariert. Entscheidend ist jedoch, dass der Verordnungsgeber mit der Hinweispflicht des Planers nach § 7 Abs. 2 HOAI 2021 den Schutz des AG abschließend geregelt hat, wenn auch beschränkt auf Verbraucher. Der diese Pflicht verletzende Planer wird durch den Rückfall auf den Basishonorarsatz „bestraft“. Für die Textform ist demgegenüber keine vergleichbare Rechtsfolge geregelt, die auch nicht durch die Hintertür eingeführt werden sollte.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Prof. Dr. Heiko Fuchs, Mönchengladbach