Die Bedeutung von Baulasten und ihre (Rechts-)Folgen werden in der Baurechtspraxis oft unterschätzt. Dies beginnt bereits damit, dass in Grundstückskaufverträgen zwar der Inhalt des Grundbuches umfassend wiedergegeben wird, zu möglichen Baulasten jedoch oftmals lediglich der Hinweis erfolgt, dass eine „Einsichtnahme in das Baulastverzeichnis nicht erfolgt ist“. Stellt sich dann nach dem Kauf jedoch z.B. heraus, dass auf dem bislang unbebauten Kaufgrundstück zugunsten eines Nachbargrundstücks eine Baulast für 30 Pkw-Stellplätze eingetragen ist, kommt spätestens die Frage auf, wie eine Baulast entsteht, welche Folgen sie entfaltet und wann ein Löschungsanspruch zugunsten des belasteten Eigentümers besteht.
Die Vorschriften betreffend die Zulässigkeit von Baulasten sind – soweit geregelt – Bestandteil der jeweiligen Landesbauordnungen. Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf den Vorschriften der BauO NRW. Da diese wiederum auf den Regelungen der Musterbauordnung (§ 83 MBO) beruhen, sind die Unterschiede in den jeweiligen Landesbauordnungen zwar zu beachten, jedoch nicht allzu groß.
A. Entstehung einer Baulast
Gem. § 83 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW kann ein Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu einem sein Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, soweit sich diese Verpflichtung nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt.
Diese Erklärung muss dabei von sämtlichen (Mit-)Eigentümern des betroffenen Grundstücks abgegeben werden, ebenso (§ 83 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW ) von einem gegebenenfalls betroffenen Erbbauberechtigten. Nicht hingegen bedarf es hierzu einer entsprechenden Erklärung eines etwaig betroffenen Nießbrauchberechtigten.
I. Form
Gem. § 83 Abs. 2 BauO NRW bedarf die Baulasterklärung der Schriftform; die Unterschrift muss dabei öffentlich beglaubigt oder vor der Bauaufsichtsbehörde geleistet oder vor ihr anerkannt werden.
Wird die Erklärung durch einen Bevollmächtigten abgegeben, muss bereits die Vollmacht gem. § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Vollmachtgebers beglaubigt sein.
II. Adressat und Eintragung
Bei der Baulasterklärung handelt es sich um eine (amts-)empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit Zugang bei der Bauaufsichtsbehörde wirksam wird. Ein Widerruf der Erklärung ist daher nur vor oder gleichzeitig mit dem Zugang der Erklärung möglich (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB analog).
Die Baulast selbst wird jedoch erst mit der Eintragung in das Baulastverzeichnis wirksam (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW ).
III. Anfechtung der Baulasterklärung
Eine Anfechtung der Verpflichtungserklärung analog §§ 119 ff. BGB ist nicht möglich. Dies würde dem öffentlich-rechtlichen Sicherungszweck der Baulast widersprechen, wonach die Behörde die alleinige Verfügungsmacht über den Fortbestand der Baulast haben soll.
Eine Anfechtung der Verpflichtungserklärung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB analog) ist zwar grundsätzlich möglich. Da Adressat der Baulasterklärung die Bauaufsichtsbehörde ist, müsste jedoch diese getäuscht oder die Täuschung durch einen Dritten gekannt haben bzw. musste diese kennen. Diese Konstellation dürfte eher selten vorliegen.
B. Inhalt
Baulasten können einen bauordnungsrechtlichen Inhalt haben (Zufahrtsbaulast [§ 4 Abs. 1 BauO NRW ], Vereinigungsbaulast [§ 4 Abs. 2 BauO NRW ], Anbaubaulast [§ 6 Abs. 1 Satz 2b BauO NRW ], Abstandsflächenbaulast [§ 6 Abs. 2 BauO NRW ], Abbruchsicherung von Bauteilen [§ 15 Abs. 2 BauO NRW ] oder Stellplatzsicherung [§ 51 Abs. 3 BauO NRW ]). Ebenso gibt es Baulasten mit einem planungsrechtlichen Inhalt (Mehrverzichtserklärung [§ 32 BauGB ], Festsetzungsanerkenntnis [§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ], Veräußerungsverbot, Nutzungsfestschreibung und Rückbauverpflichtung bei privilegierten Vorhaben [§ 35 BauGB ]).
I. Zulässigkeit einer Vorratsbaulast
Grundsätzlich erfolgt die Eintragung einer Baulast, um die Genehmigungsvoraussetzungen für ein konkretes Bauvorhaben zu erfüllen. Die Eintragung einer Baulast kann jedoch auch für erst in Zukunft in Aussicht genommene Bauvorhaben zulässig sein (sogenannte Vorratsbaulast). So kann eine Zufahrtsbaulast für ein rückwärtiges Grundstück eingetragen werden, ohne dass dabei ein konkretes Vorhaben in Rede steht, oder eine Stellplatzbaulast zugunsten einer sich erst in einigen Jahren (aufgrund einer Geschäftsaufgabe) abzeichnenden Nutzungsänderung.
Zulässigkeitsvorrausetzung für eine Vorratsbaulast ist jedoch, dass die Erforderlichkeit der Baulast nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Dies kann z.B. bei der Eintragung einer Vereinigungsbaulast der Fall sein, wenn der insoweit geltende Bebauungsplan für das begünstigte Grundstück eine Grünfläche festsetzt, eine Planänderung nicht ersichtlich ist und auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme zur Bebauung des Grundstückes nicht vorliegen. Gleiches gilt, soweit über eine Baulast eine zukünftige, jedoch rein hypothetische Nutzung des Grundstücks ermöglicht werden soll, die selbst vom Begünstigten nicht ernsthaft ins Auge gefasst wird.
II. Zulässigkeit einer Vereinigungsbaulast
Eine Vereinigungsbaulast hat zur Folge, dass die hiervon erfassten Grundstücke bauordnungsrechtlich als ein Grundstück zu qualifizieren sind. Die Eintragung einer Vereinigungsbaulast ist erforderlich, wenn ein Gebäude auf mehreren Grundstücken errichtet werden soll.
Maßgeblich ist insoweit zunächst der (Buch-)Grundstücksbegriff im bürgerlich-rechtlichen Sinne. Dies bedeutet, dass ein (einheitliches) Grundstück vorliegt, wenn ein räumlich genau abgegrenzter Teil der Erdoberfläche im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer laufenden Nummer eingetragen ist. Dies gilt dann ohne Rücksicht darauf, in welcher Weise die Nutzung stattfindet und ob eine wirtschaftliche Einheit mit anderen Grundstücken besteht. Gem. § 4 Abs. 2 BauO NRW ist die Errichtung eines Gebäudes auf mehreren Grundstücken in diesem Sinne nicht zulässig. Durch die Eintragung einer Vereinigungsbaulast und ihre o.g. Rechtsfolge wird diesen Anforderungen entsprochen.
Weit verbreitet ist insoweit die Praxis, dass eine Vereinigungsbaulast ohne eine Überbauung im vorgenannten Sinne eingetragen wird, damit keine weiteren Baulasten (Zufahrtsbaulast, Stellplatzbaulast, Abstandsflächenbaulast) zur Realisierung eines Vorhabens auf den von der Vereinigungsbaulast erfassten Grundstücken eingetragen werden müssen. Dies ist jedoch nicht Sinn und Zweck einer Vereinigungsbaulast und daher unzulässig.
Besteht jedoch bereits eine Vereinigungsbaulast oder ist diese aufgrund einer Überbauung einzutragen, sind weitere Baulasten im vorgenannten Sinne nicht erforderlich.
– Ende des Auszugs –
Der vollständige Aufsatz „Baulasten in der Praxis“ erschien zuerst in der Fachzeitschrift „Baurecht“ (BauR 2018, 1359 – 1364 (Heft 9)). Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.