Auftrag zur Mängelbeseitigung ist kein Verzicht auf Mängelansprüche!

1. In der Erteilung eines entgeltlichen Auftrags zur Mängelbeseitigung an den Unternehmer kann ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche liegen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen.

2. Der Verzicht auf einen schuldrechtlichen Anspruch erfordert einen Erlassvertrag, der auch formlos geschlossen werden kann.

3. Der Erlass setzt den unmissverständlichen Willen voraus, auf die Forderung zu verzichten. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist ein Erfahrungssatz, dass ein Erlass nicht zu vermuten und im Zweifel eng auszulegen ist.

OLG München, Beschluss vom 13.06.2017 – 28 U 4666/16 Bau; BGH, Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 143/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 242397633

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) – ein privater Bauherr – macht Schadensersatzansprüche nach einem Wasserschaden an Kondensatleitungen einer Wärmepumpenanlage geltend. Der Auftragnehmer 1 (AN 1) hatte den Auftrag zum Einbau und zur Koordination der Anlage. Der AN 2 sollte die Bodenplatte mit den Leitungen errichten. Der AG nahm zunächst den AN 1 in Anspruch. Der verwies auf AN 2, den der AG nach einem eingeholten Sachverständigengutachten ebenfalls in Anspruch nahm. Aus dem Gutachten ergab sich die Verantwortlichkeit beider AN. Später beauftragte der AG bei AN 1 die Sanierungsarbeiten. Den Werklohn dafür machte der AN 1 mit der Widerklage geltend. Er ist der Ansicht, der AG habe durch den entgeltlichen Sanierungsauftrag auf Gewährleistungsrechte verzichtet.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG bestätigt die gesamtschuldnerische Haftung beider AN und die Abweisung der Widerklage durch das Landgericht. Ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche kann gerade bei Privatpersonen nur unter engen Anforderungen angenommen werden. Der Verzichtswille muss im Einzelfall festgestellt werden. Dagegen spricht, dass der AG beide AN zur Gewährleistung aufgefordert hatte. Gegenüber dem AN 1 war der AG auch nach Vorlage des Gutachtens nicht von der Mängelrüge abgewichen. Vielmehr ergab sich aus den Schreiben des AG, dass er beide AN für verantwortlich hielt. Ein später erteilter entgeltlicher Sanierungsauftrag kann vor diesem Hintergrund nicht als Verzicht gewertet werden. Damit waren die Kosten der Sanierung Teil des von den AN zu tragenden Schadens.

Praxishinweis

Es ist zu begrüßen, dass das OLG an den Verzichtsvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) hohe Anforderungen stellt und neben der Erteilung eines entgeltlichen Sanierungsauftrags zusätzliche Anhaltspunkte fordert. Das kann (auch im Sinne eines Vergleichs) anzunehmen sein, wenn das Gewährleistungsrisiko beim Preis für den Sanierungsauftrag berücksichtigt wurde. Das OLG hat auch zutreffend auf die Eigenschaft des AG als Privatperson bzw. Verbraucher (§ 13 BGB) abgestellt. Häufig ist die bestehende Zwangslage zu berücksichtigen, wenn ein AN die Verantwortung auf den anderen schiebt und der Schaden schnell beseitigt werden muss. Kurzfristig einen dritten AN zu finden, ist schwierig und birgt zusätzliche Risiken bei der späteren Abrechnung des Schadens. Bei einem gewerblichen AG (§ 14 BGB) können demgegenüber die Hürden niedriger sein. Es bleibt – ganz abgesehen von der Frage des Vertrauens – riskant, den (Mit-)Verursacher gegen Entgelt mit der Sanierung zu beauftragen. Häufig wird dies als starkes Indiz für einen Verzicht gewertet (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 165). Empfohlen werden kann nur, die Mängelrüge bei Auftragserteilung ausdrücklich aufrechtzuhalten bzw. sich Ansprüche vorzubehalten.

RiOLG Dr. Carsten Peters, Hamm