Nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags ist die Bauabnahme der zweitwichtigste Rechtsakt beim Hausbau. Denn der Bauherr bestätigt, dass das Haus vertragsgemäß fertig und mängelfrei ist. Risiken und Verantwortlichkeiten gehen somit auf den Bauherrn über. Eine förmliche Bauabnahme – nach Behebung aller Mängel – ist also für Bauherren von großer Bedeutung. Zudem beginnt danach die Gewährleistungsfrist.
Wenn die Abnahme Ihres Bauvorhabens vor der Tür steht, heißt dies, dass Ihr Haus fertiggestellt und im Regelfall bezugsfertig sein sollte – es ist also ein freudiger Anlass. Dennoch sind ein paar wichtige Punkte vor und bei der Abnahme unbedingt zu berücksichtigen:
- Das Haus sollte unbedingt auch abnahmereif sein, d. h. die Leistungen des Bauunternehmers sind vollständig erbracht und im Wesentlichen mängelfrei. Haben Sie zum Beispiel ein schlüsselfertiges Haus bestellt und es fehlt noch die Heizung, ist das Haus nicht abnahmereif.
- Eine Abnahme ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer. Dies bedeutet, dass Sie entscheiden, was im Abnahmeprotokoll steht und nicht der Bauunternehmer. Sollte sich also bei einer Abnahmebegehung der Bauunternehmer weigern, Mängel aufzunehmen o. ä., können Sie selbst ein Protokoll über die Abnahme fertigen, dieses unterschreiben und an den Bauunternehmer schicken. Das Abnahmeprotokoll des Bauunternehmers sollten Sie in diesem Fall nicht unterschreiben. Wenn nämlich ein Mangel, der sichtbar vorhanden ist oder über den Sie bereits während der Bauphase immer wieder gestritten haben, im Abnahmeprotokoll nicht erscheint, haben Sie Ihre Gewährleistungsansprüche wegen dieses Mangels verloren.
- Weiter sollte im Abnahmeprotokoll eine Vertragsstrafe vorbehalten sein, wenn diese vereinbart ist, da Sie diese verwirken, wenn sie nicht im Abnahmeprotokoll erwähnt wird.
Ihre Unterschrift ist bei der Abnahme maßgeblich
Es ist in jedem Fall empfehlenswert, eine sogenannte förmliche, d. h. schriftliche Abnahme zu machen, bei der in einem Protokoll festgehalten wird, wer wann vor Ort war, welche Restleistungen und Mängel noch bestehen, bis wann diese abgearbeitet werden und ab wann die Gewährleistungsfrist beginnt. Dieses Protokoll sollte von beiden Seiten unterschrieben werden.
Es kommt jedoch auf Ihre Unterschrift an – wenn sich hingegen der Bauunternehmer weigert, zu unterschreiben, z. B. weil er Mängel nicht anerkennen will, hat dies keine Konsequenzen. Von Klienten höre ich immer wieder, dass der Bauunternehmer sich geweigert habe, eine Abnahme durchzuführen oder zu unterschreiben, wenn der Bauherr dort Mängel aufführen will. Wie gesagt, ist es aber die Entscheidung des Bauherrn, was im Abnahmeprotokoll steht.
Welche Rechtswirkungen hat die Bauabnahme? Die Abnahme hat folgende Rechtswirkungen:
- Das Bauvorhaben ist beendet und der Bauvertrag erfüllt. Mit der Abnahme kann der Unternehmer eine Schlussrechnung stellen und hat den Anspruch auf die vollständige Bezahlung der Werkleistungen.
- Mit der Abnahme geht die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werkes von dem Bauunternehmer auf Sie über. Beispiel: Wenn ein Haus durch einen Blitzeinschlag schwer beschädigt wird, muss der Bauunternehmer dies vor der Abnahme ohne Mehrkosten für Sie komplett neu bauen. Nach der Abnahme tragen Sie selbst die Gefahr hierfür, d. h. Sie müßten dem Bauunternehmer einen neuen Auftrag erteilen, das Haus neu zu erstellen, und dies dann auch bezahlen. Hierfür gibt es erfreulicherweise Versicherungen sowohl für die Bauzeit wie für Sie als Hausbesitzer (Bauleistungsversicherung bzw. Gebäudeversicherung).
- Mit der Abnahme beginnt auch die Gewährleistungsfrist, die fünf Jahre beträgt. Die Gewährleistungsfrist kann gegenüber Verbrauchern nicht verkürzt werden, sodass diese auch fünf Jahre beträgt, wenn zum Beispiel die Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) vereinbart wurde oder in dem Vertrag eine andere Gewährleistungsfrist steht.
- Mit der Abnahme ändert sich die Beweislast. Vor der Abnahme ist der Bauunternehmer beweispflichtig dafür, dass er mangelfrei gebaut hat, nach der Abnahme müssen Sie gegebenenfalls beweisen, dass ein Mangel vorliegt.
Was bedeutet Gewährleistung?
Während der Gewährleistungsfrist haftet der Bauunternehmer für alle Mängel, die bereits vor der Abnahme vorhanden waren, aber erst nach der Abnahme sichtbar werden. Ein Mangel ist dabei jede Abweichung der Istbeschaffenheit von der Sollbeschaffenheit. Die sogenannte Sollbeschaffenheit ist das, was vertraglich vereinbart ist und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Die Istbeschaffenheit ist das, was Sie vor Ort vorfinden. Stellen Sie zum Beispiel fest, dass Sie eine Lüftungsanlage der Firma A vertraglich vereinbart haben, tatsächlich aber eine Lüftungsanlage von der Firma B eingebaut ist, kann dies bereits einen Mangel darstellen.
Gleiches gilt, wenn zum Beispiel Geräte mit einer geringeren Leistungsfähigkeit eingebaut wurden, als vertraglich vereinbart. Auch darin liegt ein Mangel. Mängel sind weiter technische Mängel, zum Beispiel, wenn Sie feststellen, dass Sie irgendwo einen Wassereintritt im Haus haben, das Dach undicht ist, die Heizung nicht funktioniert u. a. Demgegenüber sind Verschleißteile, die während der Gewährleistungsfrist kaputt gehen, kein Mangel. Dies gilt z. B. für Silikonfugen, die gerne nach einer gewissen Zeit reißen und erneuert werden müssen (sogenannte Wartungsfugen).
Wenn Sie während der Gewährleistungszeit einen solchen Mangel feststellen, müssen Sie den Unternehmer darüber informieren und von ihm verlangen, dass er diesen Mangel abstellt. Tut er dies nicht, sollten Sie ausdrücklich schriftlich mit einer Frist von mindestens zwei Wochen noch einmal die Beseitigung von Mängeln verlangen. Wichtig ist dabei, dass Sie den Mangel so beschreiben, wie er sich für Sie darstellt. Wenn der Unternehmer den Mangel beseitigt, sollte der Fall erledigt sein.
Welche Arten der Abnahme gibt es?
Im besten Fall wird eine gemeinsame Abnahmebegehung durchgeführt und ein schriftliches Protokoll angefertigt. Eine Abnahme kann aber auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden: Schlüssiges Verhalten liegt z. B. vor, wenn Sie die Schlussrechnung des Bauunternehmers anstandslos und vollständig bezahlen.
Und eine Abnahme kann auch darin liegen, dass Sie das Haus beziehen und längere Zeit keine Mängel rügen. Bei dieser Abnahme durch schlüssiges Verhalten besteht ebenfalls die Gefahr, dass vorhandene Mängel nicht gerügt werden und Gewährleistungsansprüche somit nicht mehr bestehen.
Unterschiedliche gesetzlicheVertragsgrundlage
Hier gibt es jetzt einen Unterschied zwischen Verträgen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und Verträgen, in denen die VOB/B vereinbart wurde. Bei Letzteren beginnt alleine durch eine schriftliche Mangelanzeige eine erneute Gewährleistungsfrist von zwei Jahren, die die allgemeine Gewährleistungsfrist gegebenenfalls verlängern kann.
Wird der Mangel durch den Unternehmer beseitigt, fängt ab der Mängelbeseitigung wieder eine Zwei-Jahresfrist an. Diese Verlängerung der Gewährleistungsfrist kennt das BGB so nicht. Weigert sich der Unternehmer den Mangel zu beseitigen, haben Sie (BGB und VOB/B) folgende Rechte:
- Sie können den Mangel selbst oder durch einen anderen Unternehmer beseitigen und den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
- Sie können weiter von dem Vertrag zurücktreten oder die Vergütung mindern
- oder Sie können Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
Mängel in und nach der Gewährleistungsfrist
Da Sie nach der Abnahme beweisen müssen, dass ein Mangel vorliegt, stellt sich hier dann die Frage, wie dieser Beweis geführt wird. Es gibt die Möglichkeit, privat einen Sachverständigen zu beauftragen. Dieser kann Ihnen auch Fragen beantworten oder auf Mängel hinweisen, die Sie selbst vielleicht gar nicht sehen.
Eine weitere Möglichkeit ist, ein selbstständiges Beweisverfahren bei Gericht zu beantragen, um den Mangel durch einen gerichtlichen Sachverständigen zu dokumentieren und zu beweisen. Meistens muss man dann auch nach der Feststellung, dass die Mängel bestehen, Klage erheben. Der gerichtliche Sachverständige darf Sie nicht auf weitere Mängel hinweisen.
Alternativ kann man auch eine sogenannte Vorschussklage für die Mängelbeseitigungskosten einreichen, um erst mal von dem Unternehmer Geld zu bekommen, bevor man dann den Mangel beseitigt. Im Rahmen dieser Vorschussklage wird dann gegebenenfalls durch einen gerichtlichen Sachverständigen festgestellt, ob die Mängel vorliegen.
Da Gerichtsverfahren leider sehr lange dauern, und wegen der meistens notwendigen Sachverständigen auch sehr teuer sind, ist es immer besser ohne Gericht die Angelegenheiten zu klären. Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist kann der Bauunternehmer gegen Mängelbeseitigungsbegehren durch den Bauherren den Einwand der Verjährung erheben, d. h. er muss keine Mängel mehr beseitigen.
Rechtsanwältin Claudia Stoldt, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht