Verstoß gegen EnEV = Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik!

09.08.2021

OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2020 – 13 U 261/18; BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – VII ZR 77/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB §§ 133, 157, 280, 633, 634 Nr. 2, 4, § 635 Abs. 3, § 637 Abs. 1, 3

1. Ein Verstoß gegen die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) stellt gleichzeitig einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik dar.
2. Die Nachbesserung kann nicht wegen hoher Kosten verweigert werden, wenn die Funktionsfähigkeit des Werks spürbar beeinträchtigt ist.

OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2020 – 13 U 261/18; BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – VII ZR 77/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 133157280633634 Nr. 2, 4, § 635 Abs. 3, § 637 Abs. 1, 3

Problem/Sachverhalt

Ein Bauträger errichtete ein Wohn- und Geschäftshaus und veräußerte die Wohnungen im Rahmen von Bauträgerverträgen: Der Erwerber einer Eigentumswohnung monierte gegenüber dem Bauträger, dass in der von ihm erworbenen Eigentumswohnung Räume wie die Diele etc. keine eigenen Heizschlangen der Fußbodenheizungen, sondern nur Anbindeleitungen zu den übrigen Heizkreisen haben und die Heizung für diese Räume nicht gesondert regelbar sei. In der Baubeschreibung sei es anders vereinbart worden. Auch legte der Erwerber ein Sachverständigengutachten vor, demzufolge die Tatsache, dass einige Räume nicht über einen regelbaren Heizkreislauf verfügen, gegen die Kleinraumregelung der EnEV 2013 und damit gegen die anerkannten Regeln der Technik verstießen. Er verlangte vom Bauträger Aufwendungsersatz zur vertragsgemäßen Herstellung des Werks.

Entscheidung

Mit Erfolg! Nach Auffassung des OLG ist der Bauträger bereits aufgrund der eindeutigen Baubeschreibung verpflichtet, die Heizanlage so herzustellen, dass in sämtlichen Räumen die Temperatur regulierbar sei. Unabhängig davon bewertet das OLG die Leistung auch deshalb als mangelhaft, weil der Umstand, dass in Räumen, in denen eine Beheizung stattfinden kann, keine Regulierungsmöglichkeit hinsichtlich der Temperatur vorhanden sei, gegen § 14 Abs. 2 EnEV verstoße, die anerkannte Regeln der Technik enthalte. Die vorhandene Ausführung der Fußbodenheizung eigne sich darüber hinaus unter den gegebenen Umständen auch nicht für die gewöhnliche Verwendung zu Wohnzwecken und weise daher auch nicht eine Beschaffenheit auf, die bei Werken gleicher Art erwartet werden könne.

Praxishinweis

Auch das OLG Stuttgart geht ohne weitere Erläuterung davon aus, dass die Vorgaben der EnEV anerkannte Regeln der Technik sind. Dies kann jedoch nicht zwingend angenommen werden, da die EnEV den politischen Gestaltungswillen des Gesetzgebers im Hinblick auf Klimaschutz und Energieeinsparung wiedergibt. Grundsätzlich muss es aber gelten, dass ein Abweichen von der EnEV immer einen Mangel darstellt, da diese vereinbarte Beschaffenheit sein dürfte.

RAin Dr. Eva Luig, Berlin