Ein Mangel an Sachkunde, Lücken, Unzulänglichkeiten oder Fehler im Gutachten entwertet dieses gegebenenfalls, rechtfertigt jedoch für sich allein regelmäßig nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit.
Problem/Sachverhalt
Der Kläger wollte einen Sachverständigen als befangen ablehnen lassen, weil er dessen Gutachten für schlecht und unbrauchbar hielt. Er listete diverse Fehler des Sachverständigen auf (er hätte zwingend einen neuen Ortstermin durchführen müssen, die bisherigen Bewertungen des Sachverständigen seien widersprüchlich, er treffe zu Lasten des Klägers unbegründete Annahmen und einige Einschätzungen seien reine Spekulation) und meint, diese Fehler rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit.
Entscheidung
Das OLG sieht das anders, ebenso wie das Landgericht. Für die Besorgnis der Befangenheit komme es nur auf die Frage der Unparteilichkeit des Sachverständigen an. Ein Mangel an Sachkunde, Lücken, Unzulänglichkeiten oder Fehler im Gutachten dagegen würden dieses zwar gegebenenfalls entwerten, jedoch für sich allein regelmäßig nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit rechtfertigen. Denn derartige Mängel beträfen grundsätzlich nicht die Unabhängigkeit des Sachverständigen. Das OLG stellt klar, es sei nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts festzustellen, ob ein Sachverständigengutachten fachlich ohne Fehler sei, ob es der Ergänzung bedürfe oder ob es von richtigen Anknüpfungstatsachen ausgeht. Dies zu überprüfen und – wo notwendig – korrigierend einzugreifen, sei vielmehr grundsätzlich Aufgabe des Erstgerichts. Dieses habe gem. § 404a Abs. 1 ZPO die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und könne ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen. Wenn das Gericht ein Gutachten für ungenügend erachte, könne es außerdem gem. § 412 Abs. 1 ZPO ein neues Gutachten, gegebenenfalls durch einen anderen Sachverständigen, einholen. Ein Befangenheitsantrag sei hierfür nicht der richtige Weg.
Praxishinweis
Die Parteien sind bei fachlichen Mängeln eines Sachverständigengutachtens nur ungenügend geschützt. Allein die – auch grobe – Unfähigkeit des Sachverständigen reicht meist nicht, um ihn wegen Befangenheit gem. § 406 Abs. 1 ZPO abzulehnen. Die erfolgreiche Ablehnung ist aber – zumindest im selbständigen Beweisverfahren (vgl. LG Mannheim, IBR 2013, 1198 – nur online) – die einzige Möglichkeit, bei Unzufriedenheit mit der Qualität des Gutachtens zu einem Obergutachten zu kommen. Außerdem bietet sie Anlass, den Sachverständigen nicht zu bezahlen. Den Parteien ist daher zu raten, bereits bei der Auswahl des Sachverständigen durch das Gericht dessen Kompetenz und Schwerpunkte kritisch zu überprüfen und etwaige Bedenken gegen dessen Qualifikation rechtzeitig mitzuteilen. Und nicht zuletzt wäre es wünschenswert, wenn alle Gerichte (wie es zum Teil bereits gehandhabt wird) Listen führen und „schwarze Schafe“ aussortieren würden.
RAin und FAin für Bau- und Architektenrecht Kristina Eistert, Düsseldorf