Planungsmängel eines Bauunternehmers: Kündigung nach Bau- oder Architektenrecht?

OLG Nürnberg, Urteil vom 28.03.2019 – 13 U 560/16; BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 83/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB § 314; VOB/B § 8 Abs. 3

1. Wird ein Unternehmer nicht nur mit Bauwerksarbeiten, sondern auch mit Planungsleistungen (hier: Erstellung der Tragwerksplanung) beauftragt, finden auf etwaige Planungsmängel nicht die Regelungen der VOB/B, sondern die gesetzlichen Vorschriften über Architekten- und Ingenieurverträge Anwendung.

2. Liegen besonders gravierende Planungsmängel vor, kann ein Architekten- oder Ingenieurvertrag vom Auftraggeber aus wichtigem Grund gekündigt werden.

3. Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Der Auftraggeber ist auch an etwa geäußerte Kündigungsgründe nicht gebunden. Besteht ein benannter Grund nicht oder ist keiner benannt, kann der Auftraggeber auch später zur Rechtfertigung der Kündigung noch (andere) tatsächlich bestehende Kündigungsgründe nachschieben.

OLG Nürnberg, Urteil vom 28.03.2019 – 13 U 560/16; BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 83/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB § 314; VOB/B § 8 Abs. 3

Problem/Sachverhalt

Der Generalunternehmer (GU) hat einen Subunternehmer (SubU) auf Basis der VOB/B mit sämtlichen Leistungen der Gewerke Stahlbau und Fassadenbau sowie ergänzend der Tragwerksplanung für den Stahlbau und den vom GU selbst auszuführenden Massivbau eines Parkhauses beauftragt. Die Planung der Rampenwände der Tiefgeschosse des SubU war fehlerhaft, weshalb der GU die Wände in zu geringer Wandstärke ausgeführt hatte. Nach Feststellung der unzureichenden Statik hatte der SubU eine erneut fehlerhafte Sanierungsplanung vorgelegt. Der GU forderte ihn unter Fristsetzung zur Beseitigung der Mängel auf und drohte Auftragsentziehung an. Auch die zweite Sanierungsplanung war fehlerhaft. Der GU kündigte gem. § 8 Abs. 3 VOB/B. Der SubU hält die Kündigung für unberechtigt.

Entscheidung

Das OLG weist die Klage ab, weil ein besonders schwerer Planungsfehler der Ausgangsplanung und der beiden Sanierungsplanungen vorlag. Nach Nachfristsetzung ist die Kündigung berechtigt. Da der SubU Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 7 VOB/B bei realisierten Planungsmängeln im fremden Gewerk hat und die Vorschrift auch noch für AGB-widrig hält, erklärt das OLG die Kündigungsregelungen der VOB/B bei einem Planungsmangel für nicht anwendbar und stützt die Kündigung auf § 314 BGB analog; eigenständige Planungsleistungen sollen nicht der VOB/B, sondern den Regelungen für Architekten- und Ingenieurverträgen unterfallen.

Praxishinweis

Die Entscheidung des OLG wird im Ergebnis richtig sein und ist in tatsächlicher Hinsicht sorgfältig begründet. Die rechtlichen Ausführungen zur Kündigung des Gesamtvertrags nach dem für eine kleinere Teilleistung maßgeblichen Recht sind zumindest missverständlich. Für einen einheitlichen Planungs- und Bauvertrag kann es nur ein einheitliches Kündigungsrecht geben. Bei einem typengemischten Vertrag finden die Regelungen des jeweiligen Vertragstypus auf den jeweiligen Vertragsteil nach der sog. Kombinationsmethode nur insoweit Anwendung, als eine getrennte rechtliche Behandlung der Teile auch möglich ist. Das ist in Bezug auf die Kündigung des Gesamtvertrags, auch noch mit baurechtlichem Schwerpunkt, aber gerade nicht der Fall. Diese unzureichende Begründung wirkt sich im Ergebnis allerdings überhaupt nicht aus, weil die Kündigungsregelungen in § 8 Abs. 2 bis 4 VOB/B ihrerseits nicht abschließend sind (Voit, BauR 2002, 1776), so dass ergänzend für die nicht geregelten Fälle (wie für den Architektenvertrag) allgemeines Werkvertragsrecht Anwendung findet. Der argumentative Umweg war also unnötig.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Claus von Rintelen, Hamburg