Im Bauwesen kommt es immer wieder vor, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer unter Hinweis auf einen Mangel an der von ihm erbrachten Leistung auffordert, diesen zu beseitigen. Besteht tatsächlich ein Mangel und führt der Auftragnehmer Mangelbeseitigungsarbeiten aus, entsteht häufig Streit darüber, ob er hierfür eine zusätzliche Vergütung verlangen kann.
I. Einleitung
Hat der Auftragnehmer seine aufgrund des ursprünglich vereinbarten Werkvertrags geschuldete Leistung tatsächlich mangelhaft erbracht, ist er bereits aufgrund dieses Vertrags zur Mangelbeseitigung verpflichtet, weil er ein mangelfreies Werk schuldet. Eine zusätzliche Vergütung kann er dann nicht fordern.
Ist der Auftragnehmer dagegen nicht aufgrund eines Gewährleistungsanspruchs des Auftraggebers zur Mangelbeseitigung verpflichtet, können bei einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung einer Vergütungspflicht für die Nachbesserung lediglich gesetzliche Ansprüche geltend gemacht werden. Ein Schadensersatzanspruch ist denkbar, wenn der Auftraggeber den Unternehmer erkennbar unberechtigt zur Mangelbeseitigung auffordert und wenn ihn ein Verschulden trifft, also wenn er ernsthaft Zweifel daran haben musste, dass die Mangelursache vom Auftragnehmer gesetzt wurde. Da der Auftraggeber jedoch nicht verpflichtet ist, vor der Rüge eines Mangels die Mangelursache durch Sachverständigengutachten vorab prüfen zu lassen, wird dies erst dann anzunehmen sein, sobald ein Sachverständigengutachten besteht, das auf die fehlende Mangelverantwortung des Auftragnehmers hindeutet. Auch die Durchsetzung eines Anspruchs aufgrund einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus Bereicherungsrecht wird für den Auftragnehmer regelmäßig mit Schwierigkeiten verbunden sein.
Anders verhält es sich, wenn die Beteiligten vereinbart haben, dass der Auftraggeber für die Mangelbeseitigung eine gesonderte Vergütung zu zahlen hat.
II. Ausdrückliche Vereinbarung eines kostenpflichtigen Reparaturauftrags
Ein solcher kostenpflichtiger Reparaturauftrag kann dadurch zustande kommen, dass die Parteien ausdrücklich vereinbaren, dass der Unternehmer für seine Leistung eine zusätzliche Vergütung erhalten soll, unabhängig davon, ob er bereits aufgrund des Gewährleistungsrechts zur Nachbesserung verpflichtet ist. Eine solche Vereinbarung kann sowohl für den Auftraggeber als auch für den Auftragnehmer von Vorteil sein.
Für den Auftraggeber hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass die Mangelbeseitigung von einem Unternehmen durchgeführt wird, das mit dem Bauwerk bereits vertraut ist. Häufig muss oder soll der Mangel schnell beseitigt werden, aber es kann für den Auftraggeber schwierig sein, kurzfristig einen anderen Unternehmer zu finden. Geht man davon aus, dass der Auftraggeber bereits den günstigsten Unternehmer beauftragt hat, wird die Beauftragung eines anderen Unternehmers häufig auch teurer sein und birgt zusätzliche Risiken bei der späteren Abrechnung. Liegt dem Vertrag die VOB/B zugrunde und zeigt sich der Mangel vor der Abnahme, setzt der nahende Fertigstellungstermin die Beteiligten zusätzlich unter Zeitdruck. Mit einem Reparaturauftrag können Nachbesserungsarbeiten zügig durchgeführt und Verzögerungen durch jahrelange Auseinandersetzungen über die Verantwortlichkeit der einzelnen Baubeteiligten vermieden werden.
Auch für den Unternehmer ist ein kostenpflichtiger Reparaturauftrag attraktiv. Mit der Durchführung der Arbeiten vermeidet er für den Fall, dass er tatsächlich für den behaupteten Mangel verantwortlich ist, das Entstehen höherer Kosten, die ihn im Falle der Mangelbeseitigung durch ein anderes Unternehmen treffen würden und die entstehen, wenn der unbehobene Mangel zu Folgeschäden am Bauwerk oder zu Verzögerungen im Bauablauf führt. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass er den Mangel nicht zu verantworten hat, muss er bei Abschluss eines kostenpflichtigen Reparaturauftrags nicht auf die schwer durchzusetzenden gesetzlichen Anspruchsgrundlagen zurückgreifen.
III. Konkludente Vereinbarung eines kostenpflichtigen Reparaturauftrags
Fehlt es an einer ausdrücklichen Einigung, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls durch Auslegung der jeweiligen Verhaltensweisen zur ermitteln, ob ein konkludenter Vertragsschluss erfolgt ist.
Fordert der Auftraggeber zur Mangelbeseitigung auf, bietet der Auftragnehmer daraufhin die Nachbesserungsarbeiten unter Hinweis auf seine fehlende Mangelverantwortlichkeit, aber aus Kulanz an und teilt ihm der Auftraggeber daraufhin mit, er solle diese durchführen, könnte in diesem Verhalten die Vereinbarung eines kostenpflichtigen Reparaturauftrages gesehen werden. In der Aufforderung zur Mangelbeseitigung könnte ein Angebot und in der Durchführung der Reparaturarbeiten eine Annahme gesehen werden. Denkbar ist auch, in der Erklärung, die Mangelbeseitigung aus Kulanz durchzuführen, ein Angebot und in dem Bestätigungsschreiben des Auftraggebers eine Annahme zu sehen.
– Ende des Auszugs –
Der vollständige Aufsatz „Kostenpflichtiger Reparaturauftrag bei ungewisser Mangelverantwortlichkeit „ von Rechtsanwalt Henri Braun, erschien zuerst in der Fachzeitschrift „Baurecht“ (BauR 2025, 1-6, Heft 1).