Am 18.06.2020 hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung nach jahrelanger Vorarbeit das neue Gebäudeenergiegesetz verabschiedet. Nunmehr steht noch die 2. Lesung im Bundesrat an, wobei Änderungen nicht mehr zu erwarten sind, da es sich nicht um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz handelt. Anschließend kann das Gesetz nach Verkündung im Bundesgesetzblatt mit Beginn des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft treten. Das GEG regelt das Recht des Energieverbrauchs und der Energieeinsparung bei Gebäuden vollständig neu. Die bisher parallel laufenden Regeln von Energieeinsparungsgesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) werden zusammengeführt, sodass ein neues, einheitliches und aufeinander abgestimmtes Regelwerk entsteht. Auch wenn der bisher geltende Standard der EnEV im Wesentlichen nicht verschärft wird, enthält das GEG zahlreiche Neuregelungen, die in Zukunft für Immobilieneigentümer, Investoren, Projektentwickler, Planer, Bau- und Gebäudetechnikunternehmen, Makler und Immobilienverwalter relevant sein werden.
Die wesentlichen Neuregelungen im Vergleich zur bisherigen Gesetzeslage sind in dem nachfolgenden, komprimierten Überblick zusammengefasst.
Wesentliche Änderungen zur bisherigen Rechtslage
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das aktuelle, bereits sehr anspruchsvolle Anforderungsniveau für Neubauten und Sanierungen im Bestand grundsätzlich nicht weiter verschärft, was bedeutet, dass die tatsächlichen Änderungen bezüglich der Anforderungen an den Energieverbrauch und die Energieeinsparung im GEG im Vergleich zum EnEG, zur EnEV und zum EEWärmeG überschaubar sind.
Referenzgebäudebeschreibung
So bleibt die Referenzgebäudebeschreibung weitestgehend unverändert. Darin wird indessen nunmehr auf einen Erdgas-Brennwertkessel anstatt auf einen Öl-Brennwertkessel verwiesen. Eine Gebäudeautomation wird berücksichtigt.
Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz
Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz bleiben ebenfalls bestehen. Lediglich für Hallen, die höher als 4 m sind, ist keine Ausnahme mehr vorgesehen. Diese Hallen werden allerdings von der Pflicht zur anteiligen Nutzung erneuerbarer Energien befreit, sodass insoweit eine Erleichterung besteht.
Primärenergiefaktoren
Die Bestimmungen betreffend die Primärenergiefaktoren werden in das GEG integriert. Der Verweis auf die DIN V 18599-1 entfällt zukünftig. Neu in diesem Zusammenhang im Rahmen der Bilanzierung ist, dass
1. für flüssige oder gasförmige Biomasse für den nicht erneuerbaren Anteil der Faktor 0,5 verwendet werden kann, wenn
a) die flüssige oder gasförmige Biomasse im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Gebäude oder mit mehreren Gebäuden, die im räumlichen Zusammenhang stehen, erzeugt wird und
b) dieses Gebäude unmittelbar mit der flüssigen oder gasförmigen Biomasse versorgt wird; mehrere Gebäude müssen gemeinsam versorgt werden;
2. für gasförmige Biomasse, die aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist worden ist (Biomethan) und in zu errichteten Gebäuden eingesetzt wird, kann für den nicht erneuerbaren Anteil der Wert 0,6 verwendet werden, wenn
a) die Nutzung des Biomethans in einer hocheffizienten KWK-Anlage im Sinne des § 2 Nr. 8a des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) erfolgt,
b) bei der Aufbereitung und Einspeisung des Biomethans die Voraussetzungen nach Anlage 1 Nr. 1 a bis c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erfüllt worden sind und
c) die Menge des entnommenen Biomethans im Wärmeäquivalent am Ende eines Kalenderjahres der Menge von Gas aus Biomasse entspricht, welches an anderer Stelle in das Gasnetz eingespeist worden ist, und Massebilanzsysteme für den gesamten Transport und Vertrieb des Biomethans von seiner Herstellung über seine Einspeisung in das Erdgasnetz und seinen Transport im Erdgasnetz bis zu einer Entnahme aus dem Erdgasnetz verwendet worden sind.
Anrechnung erneuerbarer Energien
Die Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien, die bisher im EEWärmeG geregelt war, wird nunmehr im GEG normiert.
Wenn in einem Wohn- oder Nichtwohngebäude elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien genutzt wird, kann dieser bei der Ermittlung des Energiebedarfs angerechnet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Strom in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang mit dem Gebäude erzeugt und vorrangig im Gebäude selbst genutzt wird.
Energieausweis
Im Energieausweis muss ab Inkrafttreten des Gesetzes der Kohlendioxidausstoß benannt werden. Der bisherige Energieausweis verbleibt, lediglich ergänzt um die Angabe der Kohlendioxid-Emission.
Beratungsgespräche
Bei Abschluss eines Kaufvertrages über ein Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen muss der Verkäufer oder der Immobilienmakler dem Käufer ein informatorisches Beratungsgespräch zum Energieausweis durch eine Person, welche zur Ausstellung des Energieausweises berechtigt ist, anbieten. Voraussetzung ist, dass das informatorische Beratungsgespräch als einzelne Leistung unentgeltlich angeboten wird.
Pflichtangaben in Immobilienanzeigen
Die Pflichten zur Vorlage eines Energieausweises bei Verkauf, Vermietung oder auch Verpachtung sowie die Vorgabe zu Pflichtangaben in Immobilienanzeigen werden mit dem GEG nunmehr auch auf den Immobilienmakler ausgeweitet. Bisher hatte die Rechtsprechung eine solche Verpflichtung der Makler nur mittelbar aus Wettbewerbsrecht abgeleitet.
Ferner werden Angaben zu inspektionspflichtigen Klimaanlagen verlangt. Bei Neubauten muss zum Anteil der erneuerbaren Energien am Wärme- und Kälteenergiebedarf auch der Anteil genannt werden, der lediglich der Erfüllung der gesetzlichen Mindestverpflichtungen dient.
Sanierungen im Bestand
Wenn bei der Änderung von Außenbauteilen mehr als 10 % der gesamten Fläche der jeweiligen Bauteilgruppe erneuert werden, sind die Anforderungen an den Wärmeschutz nach dem GEG zu beachten. Diese 10-%-Grenze („Bagatellgrenze“) galt bereits nach der EnEV. Für die Anlagentechnik gilt die Bagatellgrenze nicht. Hier darf bei der Erneuerung keine minderwertige Technik eingesetzt werden. Dies betrifft Heizung, Lüftung, Kühlung und Beleuchtung. Insoweit sind auch die Betriebsbereitschaft der Anlage, der richtige Betrieb und die fachmännische Wartung nach dem GEG verpflichtend; Verstöße sind bußgeldbewehrt.
Darüber hinaus ist bei Bestandsbauten nunmehr verpflichtend, dass der Eigentümer ein informatorisches Beratungsgespräch führen muss, wenn er bei einem Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten Änderungen an der Gebäudehülle durch energetische Veränderung von Außenbauteilen, die Erweiterung des Gebäudes durch neue Räume oder Gebäudeteile oder den Ausbau des Gebäudes vornimmt. Dieses informatorische Beratungsgespräch muss bereits vor der Beauftragung der Planungsleistungen bei einer Person, welche zur Ausstellung eines Energieausweises berechtigt ist, durchgeführt werden. Unternehmer, die Ausführungsleistungen hierzu anbieten, müssen den Eigentümer bei Abgabe des Angebotes auf diese Verpflichtung schriftlich hinweisen.
Bestandsgebäude der öffentlichen Hand
Neu im GEG sind die Sondervorschriften für Bestandsgebäude im Eigentum der öffentlichen Hand, die für behördliche (öffentlich-rechtlich geregelte) Zwecke genutzt werden. Wenn der öffentliche Bauherr eine „grundlegende Renovierung“ solcher Gebäude durchführt, gelten besondere Bestimmungen für die anteilige Nutzung erneuerbarer Energie. Eine „grundlegende Renovierung“ in diesem Sinne liegt vor, wenn innerhalb von zwei Jahren sowohl ein Heizkessel ausgetauscht oder die Heizungsanlage umgestellt wird, als auch mehr als 20 % der Gebäudeoberfläche renoviert werden.
Ausnahmen gelten u. a. für überschuldete Kommunen. Diese sind von den besonderen Verpflichtungen befreit, wenn sie durch Beschluss feststellen, dass die nach dem GEG geforderten Maßnahmen mit Mehrkosten verbunden sind, die auch unter Berücksichtigung der Vorbildfunktion des GEG nicht unerheblich sind.
Ölheizung
Für Bestandsgebäude gilt zudem eine Härtefallregelung bezogen auf den Einbau von Ölheizungen über den Stichtag hinaus, so dass diese ab dem Jahr 2026 auch ohne die Kombination mit erneuerbaren Energien noch verbaut werden dürfen, sofern Erdgas oder Fernwärme nicht zur Verfügung stehen und die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien technisch nicht möglich ist oder zu einer unbilligen Härte führen würde.
Energetische Inspektion von Klimaanlagen
Wie bereits nach der EnEV müssen in ein Gebäude eingebaute Klimaanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 12 kW alle zehn Jahre energetisch inspiziert werden. Dabei handelt es sich um eine bußgeldbewehrte Betreiberpflicht. Die Inspektionsberichte sind der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.
Wärmeversorgung im Quartier
Neu ist ebenfalls, dass bei Gebäuden im räumlichen Zusammenhang („Quartier“) die energetischen Anforderungen auch gemeinschaftlich im Wege einer gemeinsamen Wärmeversorgung erfüllt werden können. Diese Möglichkeit besteht sowohl für Bestands- als auch für Neubauten. Unter gewissen Voraussetzungen ist es bei Bestandsbauten sogar möglich, dass einzelne erfasste Gebäude für sich betrachtet nicht die energetischen Anforderungen des Gesetzes erfüllen müssen.
Vollzug des Gesetzes
Die Einhaltung der Vorgaben des GEG haben der Bauherr oder der Eigentümer der nach Landesrecht zuständigen Behörde durch eine Erfüllungserklärung gemäß § 92 GEG nachzuweisen oder zu bescheinigen, dass die Anforderungen dieses Gesetzes eingehalten worden sind. Die Erfüllungserklärung ist nach Fertigstellung des Gebäudes vorzulegen, soweit das Landesrecht nicht einen anderen Zeitpunkt der Vorlage bestimmt. Insoweit sind auch Nachweise von Fachunternehmen nach erfolgtem Einbau/Änderung von Bauteilen und Anlagen von diesen an den Bauherren oder Eigentümer zu übergeben.
Befreiungen, Abweichungen, Vorrang anderer Vorschriften
In Einzelfällen sind auf Antrag des Eigentümers oder Bauherrn Befreiungen von den Anforderungen des GEG zu erteilen, soweit
1. die Ziele des GEG durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen in gleichem Umfang erreicht werden oder
2. die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Anforderung an Neubauten nach dem GEG nicht einzuhalten sind, wenn Vorschriften des Brandschutzes, des Schallschutzes oder auch des Arbeitsschutzes entgegenstehen. Bei Bestandsgebäuden haben darüber hinaus auch Vorschriften zur Standsicherheit und zum Schutz der Gesundheit Vorrang. U. a. bei Baudenkmälern kann außerdem von den Vorschriften des GEG abgewichen werden, wenn anderenfalls die Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigt würde.
Schließlich stehen die im GEG geregelten Anforderungen und Pflichten insgesamt unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit. Anforderungen und Pflichten gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können: Unwirtschaftlich im Sinne des GEG ist eine Maßnahme also erst dann, wenn sie sich nicht innerhalb ihrer Lebensdauer – mitunter also erst nach Jahrzehnten – amortisiert.
Wann die Voraussetzungen für eine Befreiung, eine Abweichung oder den Vorrang anderer Vorschriften erfüllt sind, wird im Einzelfall mitunter schwer festzustellen und jedenfalls aufwendig zu begründen sein. Gleichwohl kommen Eigentümer, Bauherren, Planer, Unternehmen und Betreiber nicht umhin, sich detailliert mit den Anforderungen des GEG zu befassen.
Denn grundsätzlich ist die Nichteinhaltung der Vorgaben des GEG gemäß § 108 GEG bußgeldbewehrt und stellt somit eine Ordnungswidrigkeit dar. Je nach Bußgeldtatbestand können Geldbußen bis zu 5.000 EUR, 10.000 EUR oder 50.000 EUR verhängt werden.
Rechtsanwältin Daniela Mechelhoff
Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Mitglied der ARGE Baurecht