Bei Zurückweisung des binnen des laufenden Hauptsacheverfahrens gestellten Antrags auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ergibt sich in diesem selbständigen Beweisverfahren keine Kostenentscheidung, wenn diese Zurückweisung wegen erkannter Unzulässigkeit des Antrags auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens erfolgt.
OLG Bamberg, Beschluss vom 03.11.2021 – 5 W 67/21
ZPO § 91 Abs. 2 Nr. 1, § 485 Abs. 1
Problem/Sachverhalt
Der Kläger (K) kommt binnen des vor dem Landgericht laufenden Hauptsacheverfahrens mit dem gegen den Beklagten gerichteten Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens zum selben Gegenstand. Das Landgericht weist diesen Antrag nach von ihm nun gestarteter, auf § 358a ZPO gestützter vorterminlicher Beweisaufnahme mit der Begründung „doppelte Anhängigkeit“ als unzulässig zurück und belegt K sogleich mit den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens.
Entscheidung
K’s explizit auch gegen diese Kostenentscheidung angebrachte sofortige Beschwerde hat insoweit Teilerfolg: Das OLG führt zwar aus, dass dem Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens wegen des landgerichtlichen Vorgehens gem. § 358a ZPO das Rechtsschutzbedürfnis fehle und er deshalb als unzulässig zurückzuweisen war; angesichts des laufenden Hauptsacheverfahrens kann aber eine Kostenentscheidung betreffend das selbständige Beweisverfahren erst im Hauptsacheverfahren ergehen.
Praxishinweis
Es findet sich Rechtsprechung dahin, dass bei Zurückweisung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig der Antragsgegner eine Entscheidung über die Kosten dieses selbständigen Beweisverfahrens analog § 91 ZPO beantragen kann (z. B. OLG Naumburg, IBR 2010, 1405 – nur online); diese Entscheidung betraf allerdings einen zurückgewiesenen Antrag auf Einleitung eines isolierten selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 2 ZPO. umgekehrt findet sich auch Rechtsprechung dahin, dass über einen als unzulässig zurückgewiesenen Antrag auf Durchführung eines zum Hauptsacheverfahren parallelen selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 1 ZPO eine isolierte Kostenentscheidung bereits im selbständigen Beweisverfahren ergehen kann, wenn zwar ein Hauptsacheverfahren anhängig ist, der Antrag aber erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in diesem eingereicht wird (OLG Saarbrücken, IBR 2017, 357). Dem OLG Bamberg insoweit folgend meine ich, dass die ausnahmsweise und allenfalls über § 91 ZPO analog mögliche isolierte Kostenentscheidung immer dann ausscheiden muss, wenn ein zum Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens passendes Hauptsacheverfahren läuft; in diesem Hauptsacheverfahren kann dann auch über die Kosten des unzulässigen selbständigen Beweisverfahrens gegebenenfalls bei Anwendung des § 96 ZPO entschieden werden. Das OLG Bamberg hat in der hier besprochenen Entscheidung die gesamten Kosten des Beschwerdeverfahrens dem jedenfalls betreffend die angefochtene Kostenentscheidung erfolgreichen K auferlegt und zur Begründung § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO herangezogen. Dem vermag ich nicht zu folgen: Zwar wäre die isolierte Anfechtung der landgerichtlichen Kostenentscheidung gem. § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig gewesen; wird indes die mit der Beschwerde die explizit zusätzlich angegriffene Kostenentscheidung komplett kassiert, stellt dies meines Erachtens einen beachtlichen Teilerfolg der Beschwerde dar, der in der Kostenentscheidung über die Beschwerde zu berücksichtigen ist.
VorsRiLG a. D. Prof. Jürgen Ulrich, Dortmund